PH Wien: Zeitzeugengespräch mit Dr. Gustav Papanek
Am 5. Mai 2015 besuchte Dr. Gustav Papanek die PH Wien und hielt vor 160 interessierten Studierenden, Schülerinnen und Schülern und Lehrenden einen interessanten Vortrag über die Erlebnisse eines jüdischen Kindes im Wien der 1930er Jahre.
PH Wien: Zeitzeugengespräch mit Dr. Gustav Papanek
Für den 1926 geborenen Papanek war die jüdische Religion nie von Bedeutung, wie andere Kinder und Jugendliche war für ihn das Fußball spielen wesentlich wichtiger. Sein Vater, ein berühmter Pädagoge, der gemeinsam mit Otto Glöckel die Wiener Schulreform in den 1920er Jahren voran getrieben hat, war Funktionär und später Gemeinderat der Stadt Wien für die sozialdemokratische Partei. Bereits nach dem Bürgerkrieg im Dollfuß-Schuschnigg Regime im Jahr 1934 musste die Familie auf Grund der politischen Betätigung des Vaters Österreich verlassen und flüchtete in die damalige Tschechoslowakei.
Er berichtete, dass unmittelbar auf den Anschluss im März 1938 ehemalige Freunde zu Feinden wurden und er in vielen Fällen zur Einsamkeit gezwungen war, da viele nicht mehr bereit waren mit Juden zu kommunizieren. Seine Familie musste weiter nach Frankreich flüchten, wo sein Vater Ernst Papanek soziale Einrichtungen für jüdische Kinder, die ihre Heimat Österreich oder Deutschland verlassen mussten, leitete. Über das beeindruckende Leben des Ernst Papanek ist vor wenigen Tagen ein neues Buch erschienen, das bereits für die Bibliothek der PH Wien angeschafft wurde.1
Als 14 Jähriger emmigrierte seine Familie in die USA, wo diese zu Beginn sehr harte Lebensbedingungen vorgefunden haben, da das Ersparte für die Flucht in die USA aufgebraucht wurde. Nach seinem 18. Geburtstag schloss er sich der US- Armee an, um gegen die NS-Truppen in Europa zu kämpfen.
Danach begann für Gustav Papanek eine außergewöhnliche akademische Karriere als Wirtschaftsprofessor an der Boston University.2
Abschließend richtete er einen Appell an alle zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer, niemals zu vergessen, was in dieser Zeit passiert ist und Sorge dafür zu tragen, dass das kollektive Gedächtnis an diese schreckliche Zeit erhalten bleibt.
Gustav Papanek und Philipp Mittnik (Organisation – Zentrum für Politische Bildung)
Fotos zur Veranstaltung finden Sie hier: https://cloud.phwien.ac.at/public.php?service=files&t=62c759cb5abda5db2022858c49bd0b52
1 Inge, Hansen-Schaberg; Hanna Papanek; Gabriele Rühl-Nawabi (Hg.): Ernst Papanek. Pädagogische und therapeutische Arbeit. Kinder mit Verfolgungs-, Flucht- und Exilerfahrungen während der NS-Zeit, Böhlau Verlag, Wien 2015
2 Details zu der akademischen Karriere des Gustav Papanek finden sie hier: http://www.bide.com/Experts/CVS/papanekcv.pdf (05.05.2015)