Was darf Politische Bildung?
Das Zentrum für Politische Bildung an der PH Wien organisierte am 6. April 2017 anlässlich des Abbruchs eines Vortrages über Extremismus an einer Linzer Schule eine Diskussionsveranstaltung zur Frage „Was darf Politische Bildung?“.
Es diskutierten der Welser Journalist, Referent und Autor Thomas Rammerstorfer, Dr. Michael Sörös vom Stadtschulrat für Wien und Philipp Mittnik vom Zentrum für Politische Bildung an der PH Wien. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stefan Schmid-Heher, Mitarbeiter des Zentrums für Politische Bildung. Rund 200 TeilnehmerInnen, darunter zahlreiche LehrerInnen, VertreterInnen des Stadtschulrates, Studierende und MitarbeiterInnen des Hauses und auch eine SchülerInnengruppe unterstrichen die Wichtigkeit des Themas.
Politische Bildung war in den letzten Wochen so häufig in den Medien wie selten zuvor. Der Auslöser dafür war der Abbruch eines Vortrages des Extremismus-Experten Thomas Rammerstorfer an einer Linzer Schule. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Roman Haider empfand die Darstellung seiner Partei als inakzeptabel und erwirkte mit einer Intervention beim Direktor den Abbruch. Die mediale Präsenz von Politischer Bildung ist aber auch ein Zeichen dafür, dass diese aus ihrem Schattendasein als Unterrichtsprinzip herausgetreten ist. Zuletzt erfolge zu Beginn dieses Schuljahres eine deutliche Aufwertung durch den neuen Lehrplan für Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung, der ab der 6. Schulstufe Pflichtmodule aus Politische Bildung vorsieht.
Rammerstorfer schilderte den Vorfall in Linz und die Konsequenzen aus seiner Sicht. Er stellte unter anderem klar, dass der Vortrag samt Präsentation mit mehreren LehrerInnen der Schule langfristig im Vorhinein akkordiert war und dabei auf Ausgewogenheit besonders viel Wert gelegt wurde. Die Erwähnung der FPÖ im Zusammenhang mit Deutschnationalen Burschenschaften, die häufig eine Nähe zum Rechtsextremismus aufweisen, blieb inhaltlich unwidersprochen.
Dr. Sörös umriss in einem weiteren Zusammenhang die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Frage „Was darf Politische Bildung“. Er verwies darauf, dass die Schule zum einen per se ein politischer Ort sei und beispielsweise auch die Begegnung mit Personen und Institutionen des Politischen fördern solle. Während parteipolitische Werbung in jedem Fall verboten ist, sei die Äußerung einer eigenen Meinung nicht nur rechtlich zulässig, sondern manchmal aus didaktischen Gründen sogar notwendig.
Dr. Mittnik stellte die im Grundsatzerlass angeführten Zielsetzungen der Politischen Bildung dar, die einen Beitrag zur Überwindung von Vorurteilen und zur kritischen Auseinandersetzung mit eigenen Wertvorstellungen und jenen Andersdenkender verlangen und damit prinzipiell nicht neutral sind. Wertzulegen ist vielmehr auf Kontroversität und das Verbot jeglicher Indoktrination, die der Gewinnung eines selbständigen Urteils der SchülerInnen entgegensteht. Im Anschluss an die Referate wurden in drei Runden zahlreiche Aspekte des Themas mit dem Publikum diskutiert. Im Mittelpunkt des Interesses standen dabei unter anderem die FPÖ-Meldestelle für eine „parteifreie Schule“, die von Dr. Sörös als rechtlich völlig irrelevant eingestuft wurde und keinen Einfluss auf die Politische Bildung haben dürfe.